So wird 2022

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So wird 2022

Was erwartet uns im neuen Jahr? Wir haben bei einigen Fach- und Kompetenzgruppen des BdKom nachgefragt, was ihren spezifischen Kommunikationsbereich 2022 wohl bewegen wird.
Fachgruppe Politik und öffentliche Verwaltung

Lars Weber, Pressesprecher des Regionalverbands Saarbrücken:

“Den Draht zu den politikverdrossenen und staatsskeptischen Menschen nicht zu verlieren – das wird im kommenden Jahr eine zentrale Herausforderung für die Kommunikation in Politik und öffentlichen Verwaltungen sein. Denn auch 2022 wird im Zeichen des Coronavirus stehen. Eine nachvollziehbare Behörden-Kommunikation ist eines der Mittel zur Überwindung der Krise „Pandemie“. Doch wird hier auch die zunehmende Spaltung der Gesellschaft deutlich.
2022 wird es bei der Digitalisierung ernst: Laut Onlinezugangsgesetz sollen viele Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen online abrufbar sein. Die Menschen erwarten eine zeitnahe bürgerfreundliche Umsetzung. Dieser Prozess muss erklärt werden.
Ein weiteres großes Thema ist der Klimaschutz. Auch hier sind die Erwartungen zurecht groß, die Umsetzung aber nicht immer einfach. Die Abwägung der verschiedenen Belange verständlich zu erklären ist eine weitere Herausforderung.
Vieles kommt unverhofft, vor allem Krisen. In unserer Fachgruppe wollen wir daraus lernen: Wie können Behörden mit einer verbesserten Kommunikation rechtzeitig und noch umfassender mehr Menschen erreichen? Wir müssen jene, die der Politik, dem Staat, den Behörden nicht mehr trauen, durch transparente und verständliche Kommunikation zurückgewinnen. Auch mit Blick auf vier Landtagswahlen 2022.”

Fachgruppe NGO

Anne Dreyer, Abteilungsleiterin Kommunikation und Fundraising bei Brot für die Welt:

“Für international agierende NGOs waren die vergangenen beiden Jahre herausfordernd, weil die Berichterstattung über die Pandemie überwiegend nationalen Fokus hatte. Deshalb wird es 2022 vor allem darum gehen, internationale Krisenherde wieder mehr in eine mediale und damit öffentliche Wahrnehmung zu bringen. Daneben wird die Klimakrise ein bestimmendes Thema für viele NGOs bleiben. Hier werden sie den Blick auf die Länder richten, die bereits massiv unter den Folgen des Klimawandels leiden. Es wird darum gehen, die Dringlichkeit und Komplexität des Themas zu unterstreichen und die unbedingte Notwendigkeit zum Handeln zu kommunizieren.
Gleichzeitig wird es in den kommenden Jahren zunehmend darum gehen, die gesellschaftliche Transformation zu begleiten, Motivation und Veränderungsbereitschaft zu erzeugen. Da können gut erzählte Best Practice Beispiele helfen. NGOs stehen also in der Kommunikation vor ähnlichen Herausforderungen wie Unternehmen der freien Marktwirtschaft: Wie gelingt es, die zu vermittelnden Themen zeitgemäß zu erzählen? Wie sehen ganzheitliche Content-Strategien und deren konsistente Ausspielung über die verschiedenen Kanäle aus? Dabei geht es für NGOs auch darum, wie sich deren Kommunikationsabteilungen in Zukunft aufstellen und wie schnell die digitale Transformation intern umgesetzt wird.”

Kompetenzgruppe Wissenschaftskommunikation

Jens Rehländer, Kommunikationsleiter der VolkswagenStiftung:

“Wissenschaft und deren Vermittlung werden zunehmend aus ihrer Komfortzone gedrängt. Erste Herausforderung: Deutungsautorität und Glaubwürdigkeit müssen immer entschlossener verteidigt werden gegen Desinformation und Manipulation. Zweite Herausforderung: Öffentlichkeit und Politik erwarten Orientierungswissen und Handlungsempfehlungen für unausweichliche Konfliktlagen, etwa Klimawandel, Künstliche Intelligenz, Global Health. Eindeutige oder gar normative Positionierungen aber widerstreben dem wissenschaftlichen Ethos. Evidenzbasierte Wahrheit ist immer nur eine Momentaufnahme, multiperspektivisch – und morgen vielleicht schon überholt. Dritte Herausforderung: Laien sollten diese Komplexität des regelbasierten Erkenntnisprozesses nicht als Kakophonie missverstehen („Die Wissenschaft weiß auch nichts Genaues“), sondern den Unterschied zwischen evidenzbasiertem Wissen und bloßer Meinung erkennen. Vertrauen wächst mit empathischer Kommunikation; mit dem vielzitierten Dialog auf Augenhöhe, der auch Unsicherheiten und Risiken nicht verschleiert und die Einsprüche von Laien konstruktiv ins Wissenschaftssystem zurückkoppelt. Das bedeutet für alle Beteiligten im Geflecht der Wissenschaftskommunikation: Orientierung am Gemeinwohl, gegenseitige Wertschätzung und einen sehr, sehr langen Atem.”

Fachgruppe Freizeit und Tourismus

Martina Flamme-Jasper, Leiterin Kommunikation und Partnerschaften bei phaeno gGmbH:

“Gute Kommunikation wird für Freizeiteinrichtungen und im Tourismus zukünftig noch wichtiger. Bereits vor der Coronakrise litt die Reisebranche unter einem Vertrauens- und Imageverlust. Insolvenzen großer Reiseveranstalter, Diskussionen über Klimafolgen oder auch geopolitische Unsicherheiten haben viele Menschen zum Überdenken ihres Reiseverhaltens veranlasst. Wurde die Wahl von Freizeitaktivitäten oder eines Reiseortes bislang oft sehr spontan, kurzfristig und wenig voraussehbar entschieden, wird sie in Zukunft mehr von Sicherheiten der Reiseveranstalter, von Hygienekonzepten in Museen oder auch von der guten Erreichbarkeit durch öffentliche Verkehrsmittel abhängen.
Dadurch wird der regionale Tourismus vermutlich deutlich zunehmen, denn kurze Wege und vertraute Umgebungen vermitteln ein Gefühl der Sicherheit. Aber auch Ziele im Ausland können wieder attraktiver werden, wenn sie hohe Standards bieten. Für uns Kommunikatoren wird es darauf ankommen, nicht mit austauschbaren Botschaften zu arbeiten, sondern individuell, authentisch und auch emotional die Besonderheiten einer Freizeiteinrichtung, das Lebensgefühl eines Landes oder die Vorzüge eines Hotels zu vermitteln. Gute Kommunikation kann so auch zu einem Umdenken hin zu nachhaltigerem Reisen beitragen.”

Fachgruppe Kunst und Kultur

Thomas Koch, Direktor Strategische Kommunikation der Staatsoper Stuttgart:

“Kulturkommunikation wird im Jahr 2022 von dem Lernerfolg der beiden vorangegangenen Jahre bewegt werden. Erstens: Jammern hilft nicht. Kulturkommunikation muss Möglichkeitsräume eröffnen, in denen Zukunfts-Szenarien beschrieben werden. Zweitens: Präsenz zählt. Wenn Kultur an den gewohnten Orten nicht stattfinden kann, müssen neue gefunden werden und wenn Kultur nicht mehr für Hunderte gemacht werden kann, dann eben für 50, 40, 30, 20, 10 oder auch nur einen oder eine. Drittens: Allianzen gewinnen an Bedeutung. Kulturpartnerschaften mit neuen und diverseren Akteuren werden entstehen. Sie schmieden gemeinsam Pläne für Überraschendes, Verblüffendes, Nicht-Erwartetes. Viertens: Digitale Räume werden souveräner und gewitzter genutzt werden als je zuvor.
Außerdem: Kulturkommunikation im Jahr 2022 wird weniger reaktiv sein und stattdessen selbst Themen setzen. Die Relevanz von Kultur für ein gelingendes gesellschaftliches Miteinander rückt ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Zudem wird die Kommunikation empathischer und die Sprache bildhafter und beispielreicher werden, um möglichst viele Menschen in unterschiedlichen Situationen anzusprechen und sie für kulturelle Partizipation zu gewinnen.”

Fachgruppe Mobilität und Verkehr

Anna Schultze, CEO & Managerial Communications bei Alstom:

“Mit Trends scheint es zu sein wie mit einem Virus: sie sind oft plötzlich da, verändern sich, passen sich an und sind entweder kaum aufzuhalten oder verschwinden genauso unvorhersehbar, wie sie aufgetaucht sind. Letzteres ist bei Corona leider nicht der Fall.
Während vielen von uns die Maßnahmen in Fleisch und Blut übergegangen sind, müssen sie weiterhin stringent kommuniziert werden. Entsprechend flexibel entwickeln sich auch Mobilitätslösungen und -angebote, um Schritt zu halten mit der jeweiligen (Corona-)Situation; man denke an Reisebuchungen. Neben globalen Themen, wie Lieferengpässe, betreffen uns weitere Themen direkt: die Digitalisierung in der Mobilität, aber auch der Fortschritt in der virtuellen Kommunikation werden uns erhalten bleiben. Und auch Nachhaltigkeit vs. Greenwashing, welche gerade in unserer Branche so zentral und umstritten sind wie nirgends sonst, werden das Geschehen weiter bestimmen.
In all diesen Fällen scheint es immer schneller voranzugehen. Unserer Branche wird zunehmend Flexibilität und Anpassungsfähigkeit abverlangt, sei es durch neue Corona Auflagen, oder durch Entwicklungen rund um den Klimaschutz. Also, wir von der FG Mobilität und Verkehr denken, alles bleibt gleich, nur eben ein wenig anders.”

Fachgruppe Internationale Kommunikation

Ute Schaeffer, Pressesprecherin und Leiterin Medien- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Gesellschaft für lnternationale Zusammenarbeit (GIZ):

“2022? Einfach weitermachen mit der Neuerfindung! Die Corona Pandemie hat gerade für die internationale Kommunikation große Folgen. Positiv, weil die Verlagerung von Leben, Arbeit und Konsum ins Netz dafür gesorgt haben, dass wir mit digitalen Formaten größere Akzeptanz, Reichweiten und Nähe erzeugen. Zugleich ist der Wettbewerb um Aufmerksamkeit härter geworden. Wir Kommunikator*innen sind gefordert, damit kreativ, redaktionell mutig und datenbasiert umzugehen. Voraussetzung, damit wir im internationalen Umfeld gut navigieren: Daten konsequent nutzen VOR (!) der Planung von Content, systemisch und themenbasiert planen und persönliche Geschichten schaffen. Und das alles mit einem klugen Blick für die großen Unterschiede bei unseren internationalen Zielgruppen.
Außerdem hat die Frage nach dem Sinn, den Prinzipien und Werten von internationalen Unternehmen an Bedeutung gewonnen. Kommunikation muss darauf Antworten geben. Unsere Krisenkommunikation muss zudem an die neue Wahrnehmung internationaler Krisen angepasst werden. Das schaffen wir nur, wenn wir in Sachen Kompetenzen, Diversität und Vielsprachigkeit noch besser aufgestellt sind. Und bei alldem: Kurs halten und einen klaren Blick für die Prioritäten, die unser Unternehmen, seine Services und seine Leistungen haben, nicht verlieren.”